CI-Verband Nord feierte 20jähriges Jubiläum

Der CIV Nord kann stolz auf 20 Jahre erfolgreiche Arbeit zurückblicken.

Am 24. September wurde in Hamburg an die Anfänge erinnert, Fachliches vorgetragen, informiert, diskutiert geehrt, gebührend gefeiert und vor allem in die Zukunft geschaut.

80 Personen waren der Einladung gefolgt, sich Vorträge über die technischen Entwicklungen und Möglichkeiten für die Zukunft anzuhören und die Feier zu genießen.

Zum Auftakt gab es natürlich zahlreiche Grußworte, so hat uns von der Stadt Hamburg Dr. Silke Heinemann Glückwunsche überbracht und die gesamtgesellschaftlich wertvolle Arbeit des CIVN gelobt, die aber auch gleichzeitig ein Auftrag an die Politik darstellt, die Belange hörgeschädigter Menschen zu berücksichtigen.

Dr. Elmar Haake, 1.Vorsitzender des CIVN, spannte in seinem Grußwort den Bogen von der Gründung des CIVN am 28.09.2002 bis heute, die Technik des CI hat sich seitdem rasant entwickelt. Ein Stützpfeiler dieser Entwicklung ist die Selbsthilfearbeit zusammen mit den Firmen, Kliniken, Reha-Zentren und allen anderen Akteuren. 

Dr. Roland Zeh überbrachte herzliche Grüße von der DCIG in den Norden und machte deutlich, dass neben einer starken Selbsthilfe die politische Arbeit in den Verbänden für uns Betroffene ein immer wichtigeres Standbein ist und alle Anstrengungen unternommen werden müssen, diese Arbeit zu stärken.

Matthias Schulz, Vizepräsident der DCIG und vor allem langjähriger Vorsitzender des CIVN, berichtete von der Gründung des CIVN, den damaligen Vorstandskolleginnen und -kollegen und ist dankbar für den Weg, den er mit den Akteuren in der CI-Selbsthilfe gemeinsam gehen konnte. 

Es ging um Alles:

Technischer Fortschritt und innovative Methoden. Was nützen sie, wo liegen die Nachteile und Gefahren? Kann und wird die Technik den Menschen ersetzen? Inwieweit macht es Sinn, technische und digitale Möglichkeiten zu nutzen? Eine Reihe von Vorträgen, die alles andere als langweilig waren, haben informiert und zu zahlreichen Wortbeiträgen der ZuhörerInnen animiert.

Dr. Oliver Niclaus, Hanseatisches Cochlea Implantat Zentrum (HCIZ) in Hamburg stellte den Nutzen der Roboter unterstützten OP bei der Implantierung der Elektrode heraus. Theoretisch wäre schon die gesamte OP durch den Roboter möglich, wobei der verantwortliche Arzt den Vorgang überwacht und eingreifen kann. Bisher wird vor allem das Fazialis-Monitoring genutzt, um den Gesichtsnerv und die Chorda Tympani nicht zu verletzen.

Effektive Unterstützung bietet der Roboter bereits beim Einsetzen der Elektrode in die Schnecke. Da die Schnecke mit Flüssigkeit gefüllt ist, entsteht durch das Einführen der Elektrode ein Überdruck, wodurch die Membrane in der Schnecke verletzt werden könnten. Deshalb muss das sehr langsam geschehen, es dauert ca. 30 Minuten. Dafür ist der Einsatz des Roboters auf jeden Fall sehr hilfreich. Dem Roboter aber die gesamte OP „anzuvertrauen“, wurde auch von den Zuhörern skeptisch gesehen. Stefan Hellmiß, Med-EL, stellte anschließend die Funktionsweise des Roboters vor.

Alexander Mewes, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) Kiel, sieht die Notwendigkeit, neue Wege in der CI-Anpassung zu erwägen. Messungen und Hörtests könnten automatisiert sein, teilweise außerhalb der Klinik stattfinden, die Anpassung sollte hingegen immer zusammen mit Patient und Audiologen erfolgen, da jeder seine individuelle Einstellung braucht.

Hörgeräte Akustiker-Meisterin Petra Andres (Hamburg) schilderte, was es bedeuten würde, wenn Hörgeräte-Akustiker Anpassungen durchführen möchten. Dazu sind eine Menge Weiterbildungen notwendig. Die Verantwortung liegt letztendlich bei der implantierenden Klinik. Die Kommunikation und Kompetenz zwischen Hörgeräte-Akustiker und Klinik muss funktionieren.

André Berndt, Cochlear, informierte darüber, wie ein „Remote Check“ über die Nucleus Smart-App durchgeführt werden kann. Für eine Sichtkontrolle fotografiert man die Kontaktstelle der Sendespule am Kopf und die Region hinter der Ohrmuschel. Dann folgen Hörtest und weitere Fragen. Im Hintergrund wird ein Check zur Funktionskontrolle des CI durchgeführt. Am Ende wird entschieden, ob man in die Klinik kommen muss. So könnte man sich manchen langen Weg sparen. Für eine Anpassung muss man allerdings doch in die Klinik. 

Matthias Jöde, Advanced Bionics, erklärte das Hörtrainingsprogramm Hearing Success. Das kann jeder kostenlos nutzen. Dazu registriert man sich auf der Website von Advanced Bionics und kann sofort loslegen mit den Übungen, die nach Themen unterteilt sind: Geräusche, Laute, Sprache, Musik, Sprache im Störlärm.

Dr. Barbara Eßer-Leyding, CIC Wilhelm Hirte (Hannover), ging der Frage nach, ob die stationäre Reha noch zeitgemäß sei. Für das Hörtraining stehen inzwischen einige Apps zur Verfügung, auch Online-Hörtests. Wozu noch in die stationäre Reha? Zu zeitaufwendig? Tests, Training und Anpassungen müssen sein, um den bestmöglichen Hörfortschritt zu gewährleisten. Und da braucht jeder eine individuelle Lösung, die nur mit Technik nicht machbar ist, aber mit Hilfe der Technik besser werden kann.

Ein dringendes Thema ist das Training für den Umgang mit dem Zubehör. Es gibt viele technische Hilfsmittel, wer erklärt sie, besonders den individuellen Bedürfnissen angepasst? Viele Implantierte sind nach der Reha mit Zubehör sozusagen unterversorgt oder nutzen es nicht. Logopäden haben lange Wartelisten. Hörtrainings-Apps setzen ein Smartphone voraus, auch die Fähigkeit, damit umzugehen. Es gibt noch eine Menge Menschen, so etwas nicht haben. Für diese Menschen ist der persönliche Kontakt zum Audiologen sehr wichtig.

Sehr gelungen und mutig fand ich das Interview mit Brigitte Frieß, die sehr anschaulich schilderte, wie problematisch das Eheleben mit einem fast ertaubten Partner sein kann und letztlich durch die CI-Implantierung zu einem guten Ende führte.

Der Audiotherapeut Peter Dieler, Median-Klinik Bad Salzuflen, erzählte sehr anschaulich und berührend von seiner Therapeuten-Arbeit. Er verglich sich mit einem „Taxifahrer“, der die Menschen begleitet und hilft, ihr Ziel zu erreichen.

Ein sehr großer Dank für die gelungene Moderation geht an Marisa Strobel, mit ihrer intensiven Vorbereitung führte sie die Zuhörer mit dem „roten Faden“ durch die Tagesveranstaltung.

In den Pausen hatten alle Teilnehmer, die Möglichkeit die Industrieausstellung zu besuchen, die Firmen Advanced Bionics, Andres Hörstudio, Cochlear, Gnadeberg und Med-El haben bei individuellen Fragen informiert und beraten.

Nach reichlich leckerem Abendessen wurden wir alle mit einem sehr amüsanten Sketch unterhalten. Schwarzer Humor kam nicht zu kurz. Die Darsteller aus den eigenen Reihen waren hervorragend. Es wurde sehr viel gelacht.

Gäste aus dem Bundesgebiet und anderen Regionalverbänden waren auch zu Gast und überbrachten ihre Grüße, Blumen und Präsente für 20 Jahre CIVN, es wurde gelacht, umarmt gedrückt, und hier und da gab es ein feuchtes Auge. Bei Musik, Tanz und Gesprächen ließ man den Abend ausklingen.

Was für ein Tag! Was für engagierte Menschen!

Die Technik entwickelt sich weiter. Das ist gut so. Therapeuten, Ärzte, Audiologen, Patienten können diese Technik nutzen. Ihre Arbeit wird erleichtert und verbessert, der Hörfortschritt und die Hörqualität verbessert, das Hörspektrum erweitert. Aber ohne die Menschen ist das alles nur halb so viel wert!

Frauke Willms, 1 CI seit Ende August 2021.