Interwiew mit Dr. Elmar Haake

Lieber Elmar, 

einleitend möchte ich Dir nochmals zu Deiner neuen Position im CIVN gratulieren und für diese alles Gute wünschen. 😊 

Anbei findest Du ein paar wenige Fragen für unsere Leser des Newsletters. Wir sind gespannt, welch‘ spannende Antworten Du darauf findest. 

  1. Eckdaten zu deiner Person, …z.B…Beruf (worin hast Du eigentlich Deinen „Doktor“ gemacht?), Hörstatus, Ehrenamt, Hobby, was Dir sonst wichtig ist

Ich bin von Geburt an Taubheit grenzend hörgeschädigt und bekam erst mit dreieinhalb Jahren erstmals ein Hörgerät auf einem Ohr („um das andere Ohr nicht zu schädigen“). Das war die Früherkennung und Fachmeinung der 70er Jahre. Die Folgen merke ich heute immer noch: die später versorgte Seite hat weniger Natürlichkeit und mehr Arbeit mit dem Verstehen..

Diese verspätete Hörgeräteversorgung hatte zur Folge, dass meine Sprachentwicklung nicht altersgemäß erfolgte und ein Jahr später in Bremen eingeschult wurde, was heute als Förderschule bezeichnet wird.

Nach dem Abitur, den ich in Hamburg am Lohmühlengymnasium ablegte, studierte ich Chemie an der Universität Bremen. Dieses Studium habe ich mit technischen Assistenzsystemen, Unterstützung von guthörenden Kommilitonen und Professoren und selbstbewusster Bekenntnis zur Hörbehinderung innerhalb der Regelstudienzeit nach 8 Jahren mit der Promotion abschließen können. Maßgeblich unterstützt haben mich andere hörbehinderte Uni-Absolventen mit Tipps und Informationen, die ich im Rahmen von Arbeitstagungen und Seminaren (z.B. BHSA, Bundesgemeinschaft) traf. Auch bin ich meiner Frau, die ich in der Hamburger Zeit kennenlernte, für ihre Unterstützung sehr dankbar!

Als Konsequenz konnte ich daraus ziehen, dass die ehrenamtliche Arbeit wichtig für andere Hörgeschädigte ist, die noch unsicher in der Fortsetzung ihres Lebensweges sind. Es ist jedoch ein Kunststück, eine Balance zwischen Vereinsarbeitszeit und Zeit für Familie/Privates zu finden.

Meine Hobbies sind Tennis, Natur erleben, mit meiner Frau das Leben zu teilen, mit lieben Menschen treffen und gemeinsam Ziele erreichen.

Mit CI-Implantaten wurde ich 2009 und 2013 versorgt, so dass ich bilateral versorgt bin. Für mich war der Weg schwer, aber in kleinen Schritten, mit Optimismus und hervorragender Arbeit des CI-Rehazentrums habe ich vieles schaffen können. Die heutigen Fähigkeiten im beruflichen und privaten Umfeld könnte ich nie als Hörgeräteträger ausüben, ich bin mit den Implantaten also sehr glücklich und dankbar!  Aus diesem Grund kann ich die Bedeutung der Anschlussheilbehandlung in CI-Zentren nicht genug betonen, diese sollte weltweit (!) als Standardfall nach einer CI-OP angewendet werden (was sogar in den USA nicht der Fall ist).

Das 2009 implantierte System musste 2019 ausgetauscht werden. Ich war entgegen der Erwartung anderer gelassen, obwohl ich vor der Entscheidung für ein CI 2009 sehr große Befürchtungen vor einer Reimplantation hatte. Mit dieser Befürchtung stand ich nicht alleine. Aber: Das Vertrauen in die Ärzte, das CI-Rehateam und in die Herstellerfirma haben mir sehr geholfen, und das Ergebnis ist heute ein besseres Hörvermögen als vorher. Es hat sich also gelohnt…

 

  1. Wenn Du eine berühmte Persönlichkeit (egal ob lebendig oder tot) treffen dürftest, wer wäre es und warum?

Ich treffe mich lieber mit Menschen, die nicht berühmt sind, aber viel in der Gesellschaft bewirken können für gute Zwecke!

  1. Wenn Du eine Sache auf der Welt verändern dürftest, was wäre das und warum?

Dass jeder Hörbehinderte auf der Welt auf allen 5 Kontinenten seine geeigneten Hörhilfen bekommen kann.

  1. Hörst Du gerne Musik und wenn ja, wie hast Du es geschafft, diese zu genießen? 

Ja, der Anfang war schwer auf der erstversorgten Seite. Geholfen haben meine Ausdauer und Wille, die bekannten Musikstücke trotz aller ungewohnten Hörempfindungen zu hören und an früher zu erinnern. Das schöne Gefühl, Musik zu hören und neue Erfahrungen zu machen, haben mir auch geholfen.

  1. Was macht Dir an Deinem Ehrenamt besonders Spaß und warum?

Die Zusammenarbeit mit fähigen Menschen und Ideale, gemeinsam schaffen wir vieles, nicht allein. Die Aufteilung der Aufgaben an Personen mit ihren Begabungen hilft sehr.

  1. Welche Lebensweisheit/Strategie in Bezug auf den (Berufs)-Alltag möchtest Du allen Hörgeschädigten mit auf den Weg geben? 

Sicherheit ist gut, aber Entwicklung findet ausserhalb des Komfortbereiches statt. Traut Euch daher auf Gebiete, die schwer erreichbar erscheinen und holt Unterstützung von Gleichgesinnten.

  1. Was ist Dein nächstes Projekt?

Die Selbsthilfegruppen im CIV-Nord zu Seite stehen mit hilfreichen Unterstützungen wie Infos über Techniklösungen, Infos über Rehabilitationsmassnahmen versorgen, mehr Vernetzung untereinander. Und vor allem: Dass wir uns mehr untereinander treffen und austauschen können, gerade nach der Corona-Pandemie…

  1. Wenn Du 3 Wünsche frei hättest, welche wären das?

Frieden, Glück, Toleranz von jedem Menschen ggü. anderen

  1. Hast du noch eine Lebensweisheit für uns?

Auch der längste Weg beginnt mit einem Schritt.

Liebe Grüße

Elmar

 

Lieber Elmar, 

hab vielen herzlichen Dank für diesen sehr ehrlichen und persönlichen Einblick. Ich bin mir sicher, dass die Leser sich somit ein (noch) besseres Bild von Dir machen können und Lust bekommen haben, Dich auch persönlich kennenzulernen. 

Liebe Grüße zurück

Anita Geisler

Beisitzerin (Interviewpartnerin)

Inklusion im Museum? Das gibt es wirklich in Hildesheim! 

 „SEUCHEN – Fluch der Vergangenheit, Bedrohung der Zukunft“  

SHG für Schwerhörige und CI-Träger, Lingen

SHG für Schwerhörige und CI-Träger, Lingen

Im Januar 2017 wurde die SHG mit Hilfe der KoBS (Kontakt-und Beratungsstelle Meppen) eingerichtet. Seitdem trifft sie sich am ersten Montag im Monat in den Räumen der Elternschule vom Bonifatius-Hospital in der Mühlentorstr. 21-23, nachmittags ab 15:00 Uhr.

Angesprochen sind Menschen mit Hörbehinderungen. Die Teilnehmer tragen in der Regel schon Hörgeräte, aber es kommen auch Ratsuchende die demnächst mit Hörgeräten versorgt werden sollen.
Weiterhin ist die Gruppe der CI-Träger zu nennen.  Diese Personen (mit hochgradiger Schwer-hörigkeit) haben die Versorgung mit Hörgeräten schon hinter sich. 

CI-Geräte  (Cochlear-Implantat –  auch Innenohrprothese genannt) sind Hörgeräten technisch hoch überlegen.  Aus diesem Grund sind CI-Träger auch auf Austausch und Erfahrungen mit anderen Implantierten angewiesen.

Seit dem Jahr 2018 benutzen wir bei unseren Treffen eine Ringschleifen-Induktionsanlage. Mit dieser Anlage kann das gesprochene Wort über Mikrofone direkt auf Hörgeräte bzw. CI übertragen werden. Dennoch ist die Kommunikation in der Gruppe nicht immer einfach, weil der Grad der Schwerhörigkeit bei allen Teilnehmern individuell verschieden ist.

In der Regel sind unsere Gruppentreffen reine Gesprächsrunden zum Austausch von Erfahrungen, Arzt- und Hörakustiker-Besuche und Neuerungen beim technischen Zubehör. Weiterhin bemühen wir uns um Fachvorträge von Ärzten und Hörakustiker.

Die Teilnehmer bei uns sind zwischen 50 – und 80 Jahre alt, mit etwa gleichem Anteil von Frauen und Männer. Die Teilnehmerzahlen schwanken zwischen 4 und 8 Personen.

Die Corona-Pandemie hat unsere Treffen in den letzten beiden Jahren stark behindert.Zudem hat das Tragen der Mund-/ Nasenmasken für alle Menschen mit Hörbehinderungen gravierende Nachteile. Zum Einen das Verheddern der Gummibänder hinter den Ohren mit den Hörgeräten, doch viel nachteiliger ist die Hörminderung der Sprachverzerrung durch die Masken. Weiterhin fehlt das Mundbild, und damit ist das Lippen ablesen nicht mehr möglich. Zum Glück dürfen wir bei unseren Treffen, wenn wir die Sitzposition eingenommen haben, die Maske wieder  abnehmen.

Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie wichtig Informationen sind, wenn Operationen bei CI, oder teure Hörgeräte zum Kauf anstehen.

Die Besuche bei SHG sind grundsätzlich kostenlos, deshalb freuen wir uns, wenn wir vielen Menschen bei unseren  Treffen helfen können.

Lingen, im März 2022

Alfons Book. Leitung der SHG in Lingen