Musikerleben – Sterbende Krähen im Meeresrauschen in Cuxhaven

Mit den Füßen hören!

Von Dr. Anne Bolte

Bei einem eintägigen Seminar, das durch die Selbsthilfegruppe „Open Ohr“ in Cuxhaven veranstaltet wurde, ging es um Musikerleben. Das Besondere: alle Teilnehmer waren hörgeschädigt.Zehn Teilnehmer aus Cuxhaven und Bremen hatten sich zusammengefunden, um zu probieren, wieviel Freude Musik auch mit Hörgeräten oder Cochlea Implantaten machen kann. Die Idee war, den Hörgeschädigten einen Zugang zu Musik aufzuzeigen, denn einige Teilnehmer haben eher unangenehme Erinnerungen an den Blockflötenunterricht in Kindertagen.

Die Musiktherapeutin Kerstin Sievers erläuterte die Hintergründe und Anwendungsmöglichkeiten einer Musiktherapie. Für manche Teilnehmer war neu, dass Musiktherapie beim Umgang mit autistischen Kindern ebenso hilfreich sein kann wie in der Hospizarbeit. Auch in der Schmerztherapie kann Musiktherapie helfen. Tinnitus war ein wichtiges Thema: Es wurden Wege aufgezeigt und versucht, mit Musik und Instrumenten ein Ohrgeräusch positiv zu beeinflussen.
Erstaunt nahmen die Teilnehmer zur Kenntnis, dass auch normal hörende Menschen gesungene Liedtexte häufig nicht verstehen. Taktile Reize wie das Vibrieren der Saiteninstrumente oder von Klangschalen nehmen Menschen mit eingeschränktem Gehör dagegen meist besonders gut auf.

Das Seminar hatte aber nicht nur theoretische Inhalte. Fremdartige Musikinstrumente wurden ausprobiert, eine `Ocean drum` und ein `Guiro` beschrieb eine schwerhörige Teilnehmerin als „sterbende Krähe im Meeresrauschen“. So kam der Spaß bei all den Trainings- und Lerneffekten nicht zu kurz. Geräusche wurden ganz neu entdeckt: den Klang eines zerrissenen Papiertaschentuchs am Ohr identifizierte eine Teilnehmerin zunächst als „Drehen einer Pfeffermühle“.
Manch einer ist mit einem „aha“-Erlebnis nach Haus gefahren und wird weiter mit Klängen und Musik experimentieren. Die Gruppe wünscht sich eine Wiederholung oder sogar eine Fortführung eines solchen Seminars.
Interesse an der Selbsthilfegruppe?

Weitere Informationen per Email bei anne.bolte@gmx.de oder bei der KIBIS, Frau Tscharntke Telefon (04721) 57 93 32.